Schulgeldbefreiungsgesuch für das Schuljahr 1891 im Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde. Zemlinskys Kompositionslehrer J. N. Fuchs befürwortete die Befreiung: „Bittsteller kann hinsichtlich seines Talents sowie seines Eifers und Fleißes auf das wärmste empfohlen werden.”
Ausbildung und erste Kompositionen
Wien 1884–1892
„Sieht überall Talent heraus”
Johannes Brahms
Zemlinsky studierte acht Jahre am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Auf die Vorbildungsschule, wo er seit 1884 die Klavierklasse von Wilhelm Rauch besuchte, folgte ab 1887 das Parallelstudium von Klavier (nun bei Anton Door) und Harmonielehre (bei Robert Fuchs), ab 1888/89 zusätzlich Kammermusik- und Orchesterübungen sowie Kontrapunkt, schließlich 1890–92 Komposition bei Johann Nepomuk Fuchs, dem Bruder von Robert Fuchs. Zemlinsky war ein ausgezeichneter Student, während des gesamten Studiums schloss er nur einmal ein Fach nicht mit der Note „eins” ab. In den letzten beiden Jahren nahm er am Kompositionswettbewerb des Konservatoriums teil und gewann 1890/91 für das Lied „Des Mädchens Klage” den ersten, 1891/92 für „Der Morgenstern” einen zweiten Preis. 1890 wurde ihm die Gesellschaftsmedaille für herausragende Schüler überreicht. Von den Brüdern Fuchs erhielt Zemlinsky eine nicht sehr progressive, aber solide und praxisorientierte Ausbildung. Robert Fuchs, bei dem auch Komponisten wie Mahler, Wolf, Schreker, Sibelius, Enescu und Franz Schmidt zeitweise studierten, basierte seinen Form- und Kontrapunktunterricht auf der Analyse der Klassiker von Fux bis Beethoven. Johann Nepomuk Fuchs lehrte Zemlinsky im kompositorischen Handwerk und führte ihn als erfahrener Dirigent in die Kunst des Orchestrierens ein. Zu ihm hatte er ein engeres Verhältnis und widmete ihm die Notenausgabe seines op. 1, der „Ländlichen Tänze” für Klavier.
Die für die Entwicklung seiner kompositorischen Handschrift wichtigeren Eindrücke empfing Zemlinsky jedoch außerhalb des Konservatoriums. Aufführungen der Werke von Brahms, Wagner, Strauss und Mahler, aber auch die intensive Beschäftigung mit der zeitgenössischen Dichtung eines Schnitzler, Hofmannsthal, Dehmel oder Bahr haben seinen Stil und sein künstlerisches Selbstverständnis entscheidend geprägt. Manche der frühen Lieder, vor allem aber die als Abschlussarbeit des Studiums entstandene Sinfonie in d-moll (1892) zeigen Zemlinskys klare, farbenreiche und besonders in der melodischen Erfindung sehr persönliche musikalische Handschrift.
Programmzettel eines Konzerts im Großen Saal des Wiener Musikvereins am 11. 7. 1892, bei dem Werke der mit der Gesellschaftsmedaille ausgezeichneten Abiturienten gespielt wurden. Zemlinsky dirigierte den ersten Satz seiner Sinfonie in d-moll. Bei diesem Konzert wurde Zemlinsky Brahms vorgestellt.
Robert Fuchs, Zemlinskys Lehrer in den Fächern Harmonielehre und Kontrapunkt (Fotografie von Friedrich Spitzer um 1900).
Johann Nepomuk Fuchs, Zemlinskys Kompositionslehrer in den Jahren 1890–92 (Fotografie von Dr. Josef Székely um 1880).
Gebäude der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Fotografie um 1880). Hier studierte Zemlinsky von 1884 bis 1892.
Alexander Zemlinsky, Ländliche Tänze für Klavier op. 1, Leipzig, Breitkopf und Härtel (1892). Exemplar mit handschriftlicher Widmung des Komponisten: „Dem Herrn Professor J. N. Fuchs, von seinem dankbaren Schüler. Alexander Zemlinsky, 21./I.92”. Die Komposition, die stilistisch Schumanns „Papillon“ und Brahms’ „Liebesliederwalzern” verpflichtet ist, entstand 1891, also noch während der Studienzeit Zemlinskys.